Die präkolumbische Theorie besagt, dass die Pyramiden von Güímar vor der Ankunft der Spanier im 15. Jahrhundert von den Guanchen, den Ureinwohnern der Kanarischen Inseln, erbaut wurden. Diese Theorie hat ihre Wurzeln in den mündlichen Überlieferungen und archäologischen Funden, die auf eine komplexe und entwickelte Kultur der Guanchen hinweisen.
Befürworter dieser Theorie argumentieren, dass die Pyramiden astronomische Ausrichtungen aufweisen, die auf eine fortschrittliche Kenntnis der Astronomie hinweisen. So sind einige der Pyramiden beispielsweise zur Wintersonnenwende ausgerichtet, was darauf hindeuten könnte, dass die Erbauer ein tiefes Verständnis der Himmelsmechanik hatten.
Kritiker dieser Theorie argumentieren jedoch, dass es keine direkten archäologischen Beweise gibt, die die Guanchen als Erbauer der Pyramiden identifizieren. Sie weisen darauf hin, dass ähnliche Strukturen in anderen Teilen der Welt existieren, die eindeutig aus späteren Epochen stammen.
Eine weit verbreitete Theorie ist, dass die Pyramiden während der spanischen Kolonialzeit im 19. Jahrhundert errichtet wurden. Diese Theorie basiert auf historischen Aufzeichnungen und landwirtschaftlichen Praktiken, die in dieser Zeit auf den Kanarischen Inseln üblich waren.
Einige Historiker und Archäologen glauben, dass die Pyramiden einfache landwirtschaftliche Terrassen sind, die von den spanischen Siedlern gebaut wurden. Diese Terrassen dienten dazu, das Land zu nivellieren und die Erosion zu verhindern, wodurch die landwirtschaftliche Produktivität erhöht wurde.
Die Befürworter dieser Theorie stützen sich auf ähnliche Terrassenstrukturen, die in anderen Teilen der Kanarischen Inseln existieren und eindeutig landwirtschaftlichen Zwecken dienen. Sie argumentieren, dass die Pyramiden von Güímar keine Ausnahme darstellen und Teil dieser landwirtschaftlichen Tradition sind.
Gegner dieser Theorie argumentieren, dass die Pyramiden von Güímar eine viel komplexere Bauweise aufweisen als die typischen landwirtschaftlichen Terrassen. Sie verweisen auf die präzisen geometrischen Formen und die sorgfältige Ausrichtung der Pyramiden, die auf einen anderen Zweck hinweisen könnten.
Thor Heyerdahl, ein norwegischer Abenteurer und Ethnograph, ist bekannt für seine Expeditionen, die darauf abzielten, alte Seefahrtsrouten zu rekonstruieren. Heyerdahl war überzeugt, dass die Pyramiden von Güímar viel älter sind und möglicherweise von antiken Seefahrern errichtet wurden, die transatlantische Reisen unternommen haben könnten.
Heyerdahl wies auf Ähnlichkeiten zwischen den Pyramiden von Güímar und anderen alten Pyramidenstrukturen in Ägypten und Mittelamerika hin. Er argumentierte, dass die Kanarischen Inseln eine Zwischenstation für antike Seefahrer gewesen sein könnten, die zwischen diesen beiden Regionen navigierten.
Heyerdahls Team entdeckte bei den Ausgrabungen in Güímar zahlreiche Artefakte, die auf Handelsbeziehungen und kulturellen Austausch hindeuten könnten. Diese Funde wurden jedoch von vielen Archäologen kritisch betrachtet, da sie keine schlüssigen Beweise für eine präkolumbische Herkunft der Pyramiden liefern.
Kritiker von Heyerdahls Theorie argumentieren, dass die Ähnlichkeiten zwischen den Pyramiden zufällig sein könnten und keine direkten Beweise für transatlantische Verbindungen vorliegen. Sie weisen darauf hin, dass ähnliche Strukturen in verschiedenen Kulturen unabhängig voneinander entstehen können, ohne dass ein direkter Kontakt erforderlich ist.
Neben den wissenschaftlichen Theorien gibt es auch zahlreiche lokale Mythen und Legenden über die Pyramiden von Güímar. Diese Geschichten reichen von mystischen Erzählungen über verborgene Schätze bis hin zu Legenden über alte Götter, die die Pyramiden als heilige Stätten nutzten.
Diese Mythen tragen zur kulturellen Bedeutung der Pyramiden bei und sind ein wichtiger Teil des lokalen Erbes. Sie bieten einen faszinierenden Einblick in die Art und Weise, wie die Pyramiden von den Menschen vor Ort wahrgenommen werden und welche Rolle sie in ihrer Geschichte und Kultur spielen.
Obwohl diese Mythen oft weniger wissenschaftlich fundiert sind, spiegeln sie doch die tiefe Verbindung der lokalen Bevölkerung zu den Pyramiden wider. Einige Historiker argumentieren, dass in diesen Geschichten wertvolle Hinweise auf die tatsächliche Herkunft der Pyramiden verborgen sein könnten.
Die Pyramiden von Güímar bleiben ein faszinierendes Rätsel, das noch immer auf seine endgültige Lösung wartet. Ob sie nun von den Guanchen, spanischen Siedlern oder antiken Seefahrern erbaut wurden, bleibt Gegenstand intensiver Forschung und Debatten. Jede Theorie hat ihre eigenen Stärken und Schwächen, und es ist wahrscheinlich, dass die Wahrheit irgendwo dazwischen liegt.
Die fortlaufenden archäologischen Studien und historischen Analysen werden hoffentlich eines Tages mehr Licht in die Geschichte dieser mysteriösen Strukturen bringen. Bis dahin bleiben die Pyramiden von Güímar ein faszinierendes Beispiel für das reiche kulturelle Erbe und die komplexe Geschichte der Kanarischen Inseln.